Orgelnacht in St. Severin
Freitag, 10.09.2021 · 20.00-01.00 · St. Severin · Innenstadt
In den vergangenen Jahren ist die Musiknacht im Herbst ein fester Bestandteil des Gemeindelebens von St. Severin in der Kölner Südstadt geworden. Anlass dazu war die Wiedereinweihung der großen Orgel, die – ursprünglich aus der Werkstatt Peter in Köln stammend – 2017 durch die Fa. Mühleisen eine grundlegende Sanierung, Erweiterung und klangliche Neuausrichtung erfahren hatte.
Nachdem im Oktober 2020 die „Kleine Severiner Abendmusik“ mit vorwiegend freischaffenden MusikerInnen und ganz unterschiedlichen Instrumentalbesetzungen stattfand, steht bei der diesjährigen Ausgabe anlässlich des 11. Ökumenischen Kirchenmusikfestivals die Orgel solistisch und im Dialog mit anderen Instrumenten im Mittelpunkt des Abends.“
20.00 Festliche Musik für Blechbläser und Orgel
Werke von W. Walton, E. Gigout, E. Bossi u.a.
William Walton (1902–1983)
Crown Imperial
Enrico Bossi (1861–1925)
Scherzo
Eugène Gigout (1844–1925)
Grand Choeur Dialogue
„Crown Imperial“ von William Walton ist ein Orchestermarsch, der erstmalig bei der Krönung von König George VI. aufgeführt wurde. Sehr pompös, britisch und wirkungsvoll
Das „Scherzo“ des italienischen Orgelvirtuosen Marco Enrico Bossi huscht sphärenhaft durch den Kirchenraum.
„Grand Choeur Dialogue“ ist im Orginal ein Orgelsolowerk. Schwellwerk und Hauptwerk der Orgel haben einen „Dialog“. Diese Musik lässt sich mühelos auf Bläser und Orgel aufteilen.
(Andreas Meisner)
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Blechbläserensemble „Cologne Brass“
Andreas Meisner (Orgel)
21.00 Orgelkonzert I
Werke von C. Sattler, M. Rossi, J.S. Bach
Carl Sattler (1874–1938)
Sonate b-Moll, op. 16
Michelangelo Rossi (1601–1656)
Toccata settima
Johann Sebastian Bach (1685–1750)
Triosonate C-Dur, BWV 529
Karl Sattler war Organist in Köln an St. Maria im Kapitol und ein sehr geschätzter Improvisator. Neben seinen Choralbearbeitungen wurde vor einigen Jahren eine groß angelegte „Sonate b-Moll“ des Komponisten posthum veröffentlicht.
Michelangelo Rossi war ein bekannter Viololinist und Tastenvirtuose im Italien des 17. Jahrhunderts. In seiner mehrteiligen „Toccata settima“ überrascht die kühne Harmonik.
Die „Triosonate C-Dur“ dokumentiert einerseits die große kontrapunktische Fertigkeit, andererseits die überragende Virtuosität Johann Sebastian Bachs an der Orgel in seiner Zeit. Ein melancholisch, tiefsinniger Satz wird von zwei festlich-heiteren Sätzen umschlossen.
(Gerd Schmidt)
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Andreas Arand (Orgel)
22.00 Orgelkonzert II
WERKE VON J.S. BACH, CH. TOURNEMIRE, L. VIERNE, I. RIEG u. a.
Vincent Lübeck (1654–1740)
aus der Clavierübung: Praeludium und Fuge in a-Moll
Iris Rieg (*1972)
Reminds me
Johannes Brahms (1833–1897)
Praeludium und Fuge in g-Moll
Charles Marie Widor (1844–1937)
Andante sostenuto (aus „Symphonie gothique“)
Louis Vierne (1870–1937)
Impromptu (aus „Pieces de Fantaisie“)
Sigfrid Karg-Elert (1877–1933)
Stimmen der Nacht (Nr. 1 aus „Drei Stücke“)
Charles Tournemire (1870–1939)
Improvisation über „Victimae paschali“
Vincent Lübecks Praeludium und Fuge in a-Moll weist galante Züge auf, wobei das vor Lebensfreude sprühende Fugenthema in a-Moll durch typische Reperkussionen norddeutscher Provenienz akustisch besonders gut nach- zuvollziehen ist.
Das im Herbst 2013 entstandene ‚Reminds me’ beginnt und endet im tänzerischen 13/8 – Takt. Die Toleranz und Offenheit, mit der sich viele Musiker dieses Genres begegnen, hat mich inspiriert und zum Nachdenken gebracht.
Das Autograph von Johannes Brahms‘ Praeludium und Fuge in g-Moll entstammt dem Nachlass von Clara Schumann. Einflüsse deutscher Barockmeister wie Bach und Buxtehude zeigen die toccatenhafte Anlage und figurierte Akkorde, während chromatisch geprägte Harmonik und Zwei-Gegen-Drei-Rhythmik auf das 19. Jahrhundert verweisen.
Widors berühmter „Symphonie Gothique“ ist der zweite Satz, das Andante sostenuto entnommen. Träumerisch, nachsinnend und doch handfest, – mit poetisch schwärmerischem Schluss.
Die Rondo-artige Liedform erfreute sich in Komponistenkreisen schon immer großer Beliebtheit und so nahm auch Louis Vierne das einmal gefundene Thema im Impromptu immer wieder fantasievoll verarbeitet auf.
Karg-Elerts Stimmen der Nacht bezaubern nicht nur durch ihre farbigen und biegsamen Aggregatzustände, sondern mögen geradezu erheitert genossen werden.
Das Konzert beschliesst eine aufgeschriebene Improvisation über die altehrwürdige Ostersequenz Victimae Paschali. Von einem Meister improvisiert (Charles sTournemire) und von einem Meister akribisch aufs Papier gebannt (Maurice Duruflé).
Iris Rieg (Orgel)
23.00 Percussion und Orgel
WERKE VON TH. ESCAICH, J. TENNEY, T. GOLINSKI u. a.
James Tenney (1934–2006)
aus “Postal Pieces” No. 10
Thierry Escaich (*1965)
Évocation II
Tomasz Golinski (*1986)
Luminosity I & II
Anna Ignatowicz-Glinska (*1968)
The Traces of Incertitude
Charlotte Hahn und George Warren Improvisation
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Die „Postal Pieces“, geschrieben zwischen 1965 und 1971, sind eine Serie von zehn, auf Postkarten gedruckten Miniaturen. Die zehnte Miniatur „Having Never Written a Note for Percussion“ wurde für den Schlagzeuger und Komponisten John Bergamo geschrieben und besteht aus einem einzigen langen an- und wieder abschwellenden Tam-Tam-Wirbel.
Das ‚Évocation II’, geschrieben 1996, ist komplett ohne Taktangabe komponiert. Die rhythmische Ordnung erhält das Stück durch den schlagzeugartigen Bass. Das ganze Werk crescendiert durch komplexe Rhythmen und Klang- zuwachs zu einem fulminanten und strahlenden Schluss.
Anna Ignatowicz-Glińska ist Professorin für Komposition an der „Frédéric Chopin Universität für Musik“ in Warschau. Unter beratender Mitwirkung der Virtuosin Katarzyna Myćka erarbeitete sie 2012 eine Marimba-Orgel-Fassung des ursprünglich für Orgel und Cembalo komponierten Werks „Ślady Niepewności / The Traces of Incertitude“.
Der preisgekrönte polnische Schlagzeuger Tomasz Goliński gilt als einer der führenden Komponisten
und Interpreten der internationalen Marimba- und Perkussionsszene – nicht erst, seit er mit „Luminosity“ den ersten Preis der „Universal Marimba Composition Competition 2010“ in Belgien gewann. Die zwei Sätze des Werks präsentieren durch mysteriöse Wirbel- passagen und rhythmische Elemente im ersten Satz sowie einen herausfordernden virtuosen zweiten Satz die gesamte klangliche Bandbreite der imposanten Marimba.
George Warren und Charlotte Hahn: Improvisation
Hahn und Warren werden hier scheinbar aus dem Nichts spontan Musik entstehen lassen, inspiriert vom Raum der Severinskirche und ihrer Orgel.
(Charlotte Hahn und George Warren)
Charlotte Hahn (Percussion) George Warren (Orgel)
00.00 Lyrik, Oboe und Orgel
„BEIFALL HAB‘ ICH FÜR DEN ABENDSTERN“
MIT WERKEN VON B. BRITTEN, S. KARG-ELERT, E. MORRICONE, J. KÜHN, M. CLAUDIUSBenjamin Britten (1913–1976)
Pan
Sigfrid Karg-Elert (1877–1933)
„Harmonies du Soir“, aus “Trois Impressions”, op. 72
Ennio Morricone (1928–2020)
„Gabriel’s Oboe“, aus “The Mission”
Texte von Matthias Claudius (1740–1815) und Johannes Kühn (*1934) u.a.
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Geheimnisvoll und archaisch beginnt das letzte Konzert der Orgelnacht mit Benjamin
Brittens „Pan“ aus den „Sechs Metamorphosen nach Ovid“ für Solo-Oboe.
Der französische Titel „Harmonies du Soir“ von Sigfrid Karg-Elert verrät bereits die Nähe zur Musik des französischen Impressionismus. Es ist gewissermaßen ein Gruß an Claude Débussy, der hier mit seiner „Suite bergamasque“ Pate gestanden hat.
In Ennio Morricones Musik zum Film „The Mission“ taucht immer wieder das anrührende Thema „Gebriel’s Oboe“ auf.
Matthias Claudius ist ein Vertreter der literarischen Epoche der Empfindsamkeit. Bekannt wurde Claudius vor allem durch seine Lyrik (z.B. „Der Mond ist aufgegangen“).
Johannes Kühn stammt aus dem nördlichen Saarland. In den 1980er Jahren wurde sein dichterisches Schaffen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht und stieß auf ein breites, positives Echo über die Grenzen des Saarlandes hinaus.
Wieslawa Wesolowska (Sprecherin)
Ina Stock-Grieshammer (Oboe)
Gerd Schmidt (Orgel)